Ich erinnerte mich heute an verschiedene Erlebnisse aus meiner Vergangenheit. Ich befinde mich gerade in der Stadt in der ich geboren und aufgewachsen bin, meiner Heimatstadt. Hier hat das Leben in das ich geboren wurde, die Umgebung in der ich gelandet bin nach meiner Geburt, meine Geschichte geschrieben. Das wer ich bin, oder zumindest wer ich lange dachte zu sein. Diese Erinnerungen haben früher Gefühle in mir ausgelöst und irgendwie waren dann diese Gefühle wieder verknüpft mit einer Art und Weise wie ich sein wollte. Es hat mich geformt. Meine alten Geschichten haben mich geformt. Durch Gedanken und Gefühle in denen ich oftmals mehr Opfer meiner Umstände war. Und so gesehen könnte man ja auch sagen: "Stimm doch, wir können ja nix daran machen wo wir hinein geboren werden." Na, wer weiß. Ich glaube in diesem Moment sogar, dass der Zustand vor unserer Geburt, sozusagen unsere seelische Prägung, entscheidet in welche Umstände wir geboren werden. Diese Umstände prägen unseren Verstand, unsere Gefühle, unser Verhalten, unsere Handlungen, die Art und Weise wie wir sprechen und wie wir mit der Welt in Kontakt treten. Auf die Art und Weise wie uns auch beigebracht wird mit der Welt in Kontakt zu treten,
Heute habe ich jedenfalls diese Erinnerungen gehabt, und ich habe gemerkt: "Das bin ich gar nicht." Es war ganz deutlich auf einmal da. Und ich habe mich gefragt warum es in mir überhaupt diese Erinnerungen abspielt. Gespürt wie es mich davon abhält ganz frei zu sein, ganz frei zu leben wer ich bin. Ich finde es gerade schwierig zu erklären, aber ich merke, dass es wahr ist. Dass diese Erinnerungen gespeichert sind in mir und verknüpft mit bestimmten Situationen, die dann wieder etwas in mir auslösen das gekoppelt ist an diese alte Erinnerung. Und zack, tauchen Gefühle oder Gedanken, impulsive Reaktionen oder Verhaltensmuster wie "aus dem nichts" auf und steuern mich. Also steuern mich da alte Geschichten.
Ich bin froh, dass überhaupt so deutlich zu bemerken. Lange Zeit bin ich davon ausgegangen bestimmten Gefühlen oder Verhaltensweisen die ich ja selbst an den Tag legte hilflos ausgeliefert zu sein,. So ist es nicht.
Aus den Erzählungen indigenen Wissens gibt es eine Aussage die ungefähr so geht: "Es gibt bei unserer Geburt zwei Bücher. Eines ist bereits vollgeschrieben, das andere ist leer." Ich deute das so: Das volle Buch sind unsere Voraussetzungen, die Familie in die wir geboren werden und die Prägungen die wir von dort mitbekommen. Wir kommen ganz leer auf die Welt, oder zumindest ziemlich leer, als unbeschriebenes Blatt, als pure Liebe, unsere reine Seele. Und dann werden wir vollgeschrieben mit all dem was vor allem unsere Eltern uns weitergeben. Die wiederum haben das von ihren Eltern und so weiter. Zumindest bei den meisten ist das so. Hinzu kommen in unserer Kultur noch die ganzen Lehrerinnen und Lehrer, sogenannte Erziehungsberechtigte, andere Erwachsene, vielleicht auch wiederum andere Kinder und was die wiederum von ihrem heimischen Umfeld mitbekommen haben. Dazu kommt Kultur, die Art und Weise wie wir uns zu kleiden haben, wie wir essen, was wir essen, was tabu ist und was nicht, was gut und was schlecht ist, was der Norm entspricht. Also unglaublich viel Information, die uns in Formation bringt. Also in eine Formation innerhalb unseres Inneren, aber dadurch auch eben bis hinein in den Körper. Der zeigt das alles irgendwie auf, auf seine individuelle Art und Weise. Ständiger Leistungsdruck äußert sich dann möglicherweise in einem Tinnitus, immer alles unter Kontrolle halten müssen in Kiefer klappern in der Nacht und so weiter und sofort. Das Buch ist voll.
Und dann ist da das leere Buch. Das Buch, welches ich aufschlug als ich mir sagte, dass ich diese alten Erinnerungen, diese alte Geschichte nicht mehr bin. Oder auch meine Seele, meine tiefsten inneren Wünsche und Sehnsüchte, das wer ich bin, wofür ich hierher gekommen bin. Dieses Buch ist leer und darf ganz neu geschrieben werden, es schreibt sich durch das Leben selbst. Das ist einerseits erstmal etwas verwirrend, weil da ja das volle Buch ist und da steht ja theoretisch alles drin was es bräuchte um klarzukommen. Aber eben zu bestimmten Bedingungen. Und diese Bedingungen gehen oftmals einher mit Krankheit, einem sich schlecht fühlen, es sind keine schönen Bedingungen, es sind Überlebensbedingungen. Andererseits ist es wunderbar, das leere Buch. Denn da ist unglaublich viel Platz, zum Träumen und zum Leben. Und dieser Platz, dieser Raum möchte endlich ausgefüllt werden, herausfinden welche Geschichte in ihm und durch ihn in die Welt kommt. Das Ganze beginnt vielleicht, wie in meinem Fall mit einem Traum. Kurzen Bilder, die aber sehr eindeutig sind. In den Bildern liegt das Gefühl von Freiheit, von Lebendigkeit, von Zweifelsfreiheit. Auch wenn, Achtung, der Verstand hier manchmal dazwischen funken möchte, möglicherweise. Dann darf er einfach mal den Mund halten. Danke, mein Lieber, dass du mic schützen möchtest, aber im Traum brauche ich das nicht. Wenn es dann konkret wird, dann gerne den notwendigen Schutz und das ist dann auch genug. Und mit diesem Traum, mit dem es beginnt, können Gedanken folgen und Gefühle die sich frei anfühlen. Lebendig. Die dazu führen das ich lebendig handle, Schritt für Schritt, um meinen Traum wahr werden zu lassen. Und so schreibe ich selbst die erste Seit in meinem Buch. Es füllt sich mit der Zeit, aber es wird nicht vollgeschrieben sein bis zu meinem Tod. Und es wird sich jederzeit ändern lassen, die Geschichte kann dann in eine ganz neue Richtung gehen, jederzeit, wann immer es wichtig ist, dass sie einen neuen Weg einschlägt.
Das alte Buch darf auch bleiben, es gehört ja zu mir. Wenn ich die alten Geschichten daraus für mich durchgelesen und verarbeitet habe, darf es im Regal stehen und manchmal ist es vielleicht noch nett darin zu schmökern. All diese Geschichten haben mich ja auch an diese Stelle gebracht an der ich jetzt mein eigenes Buch schreibe.
Und von nun an schreibe ich mein eigenes Buch, Schriftzeichen für Schriftzeichen, Traum für Traum, Reise, für Reise, Seite um Seite.